Belagerung Kolbergs 1807.

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Belagerung Kolbergs 1807.

Beitrag von -sd- » 06.03.2016, 10:37

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Herzoglich Nassauische Truppen im Feldzug gegen Preußen 1806/07.

Erläuterungen zur Belagerung Kolbergs
sowie einer Skizze 'Kolberg 1807'.


Quelle: 'Depesche'.
Uniformen und Heere vergangener Zeiten.
3. Jahrgang. Nr. 10 / Seite 5
Herausgeber: Markus Stein, Mannheim.

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Erläuterungen zur Belagerung Kolbergs
sowie einer Skizze 'Kolberg 1807'.


Das nassauische Bataillon marschierte mit dem Korps Augereau nach Berlin,
von dort über Küstrin gegen Driesen und Posen, übernahm dann die Deckung
eines Transportes nach Magdeburg, um dort die Vereinigung mit den übrigen
Bataillonen abzuwarten. Tatsächlich trafen diese eher in Magdeburg ein.
Das I. (Leib-) Bataillon und das II. Bataillon (v. Kruse) waren nach vollen-
deter Mobilmachung am 10. November nach Hanau in Marsch gesetzt worden,
von dort am 18. November nach Magdeburg marschiert, um sich mit dem III.
(Jäger-) Bataillon zu vereinigen. Mit den beiden Bataillonen waren noch zwei
Kompanien zur Komplettierung des III. Bataillons abmarschiert. Magdeburg
wurde am 5. Dezember erreicht, dort rückte das III. Bataillon am 11. Dezember
ein. Am 12. Dezember erhielten die drei Bataillone Befehl zum Weitermarsch
nach Berlin, um die dortige Garnison zu verstärken - sie bezogen die Kasernen
in der Klosterstraße.

Das IV. Bataillon (v. Holbach) war erst am 5. Dezember nach Hanau abmar-
schiert, wo es bis zum 7. Januar 1807 verblieb. Es folgte dann den drei
anderen Bataillonen nach Berlin und traf am 15. Februar dort ein.

Der Garnisondienst der Nassauer in Berlin und Potsdam muß während der
Wintermonate durch viele Unzuträglichkeiten und Widrigkeiten beeinträch-
tigt gewesen sein. Überliefert ist ein Brief von drei aus Weilburg stammenden
Soldaten des II. Bataillons an den dortigen Stadtschultheißen, Hofrat Stutz,
in dem sie bitter über die schlechte Unterkunft und Verpflegung in der
preußischen Hauptstadt klagten - ein Umstand, der auf Rückfrage vom
Kompaniechef, Kapitän von Trapp, bestätigt wurde.

Die in Berlin vereinigte Brigade gab Detachements zur Bedeckung von Trans-
porten nach Spandau, Magdeburg, Stettin und Warschau ab. Im Januar 1807
nahmen das I., II. und III. Bataillon unter Oberst v. Schaeffer an seine
"Expedition" nach Prenzlau teil, mit der Aufgabe, versteckte, entwichene
preußische Kriegsgefangene (Ranzionierte) und Deserteure aufzuspüren.
Die Truppe kehrte Anfang Februar wieder nach Berlin zurück.

Dort litt die Truppe nicht nur unter schlechter, ungewohnter Verpflegung,
Kälte und Krankheiten. Einem Bericht des Obersten von Schaeffer an den
Herzog vom 11. Januar 1807 ist zu entnehmen: "In diesem Augenblick hat
die Brigade 135 Mann im Hospital. Die zügellosen Sitten der liederlichen
Stadt haben außer dem schlechten Wetter manchen unbesonnenen jungen
Mann krank gemacht - außer einer Legion elender Geschöpfe, welche ihr
Unwesen in allen Gassen der Stadt treiben, sind noch 2.000 Freudenmädchen
hier, deren jede monatlich einen Thaler Abgaben zu entrichten hat. Diese
Sirenen thun der Garnison großen Schaden und entziehen dem Dienst eine
bedeutende Anzahl von Männern, so daß ich glaube, daß man sich jeden
Monat einmal mit dem Feind schlagen könnte, ohne grade mehr Leute zu
verlieren." Die Klagen über höchst mangelhafte Ausrüstung und Bekleidung
hielten ebenfalls an.

Am 4. April ging Oberst v. Schaeffer mit acht Kompanien zur Verstärkung
des 8. Armeekorps des Marschalls Mortier nach Pommern ab, er traf am
15. April in Pasewalk ein - es waren je zwei Kompanien der vier Bataillone.

Das als 'Bataillon Nassau' bezeichnete Detachement v. Schaeffer wurde der
2. Division (General Dupas), 2. Brigade (General Ruby) zugeteilt und bildete
zusammen mit dem 4. französischen leichten Infanterieregiment die Avant-
garde des Korps.

Die Situation war zu diesem Zeitpunkt die folgende: Bei seinem Vorrücken
gegen die Weichsel hatte Napoleon dem Marschall Mortier den Befehl er-
teilt, mit seinem - durch herangezogene Verstärkungen auf 30.000 Mann
verstärkten - Armeekorps die Mündungen der Weser, Elbe und Trave zu
sichern, die Hansestädte zu besetzen, Mecklenburg in Besitz zu nehmen
und die, am 21. November 1806 von Berlin aus verfügte 'Kontinentalsperre'
durchzusetzen und aufrecht zu erhalten - mit der in allen Häfen des
Kontinents die Einfuhr englischer Waren verhindert werden sollte. Mortier
sollte sowohl gegen Schweden, das seit 1805 in der Allianz gegen Frankreich
stand, in Vorpommern operieren, als auch kurzfristig zur Hauptarmee heran-
rücken zu können. Schweden hatte Stralsund in Verteidigungsbereitschaft
gesetzt, die Truppen in Schwedisch-Pommern unter Generalleutnant Essen
waren 15.000 Mann stark. Die Franzosen konnten die Festung Stralsund
einschließen, schwächten ihr Belagerungskorps durch Abzug von Verbänden
zur Belagerung Colbergs, so daß schließlich nur noch die 1. Division (General
Grandjean) des Korps Mortier vor Stralsund stand. Mit einem geglückten
Ausfall gelang es General Essen den Belagerungsring zu durchbrechen und
die Division Grandjean zum Rückzug nach Stettin zu zwingen. Auf diese
unerfreulichen Nachrichten hin befahl Napoleon Mortier, mit einem Teil
des Belagungskorps von Colberg nach Stettin zu marschieren, sich dort mit
der Division Grandjean zu vereinigen und die Schweden über die Peene
zurückzuwerfen. Am 16. April gelang es, den schwedischen General Armfelt
bei Ferdinandshof zu schlagen und nach Anklam zurückzuwerfen - an diesem
Gefecht waren die Nassauer beteiligt. Am 17. April griff eine kombinierte
Truppenabteilung unter General Veaux bestehend aus dem Detachement
Nassau und dem 72. französischen Linieninfanterie-Regiment, das von den
Schweden unter Oberst Kardell besetzte Uckermunde an. Die Stadt wurde
nach heftigem Widerstand eingenommen, 24 Offiziere und 504 Mann gefan-
gen sowie 295 Pferde und 3 Geschütze erobert. Dem Rest der Besatzung
gelang die Einschiffung auf der schwedischen Scheerenflotte. Mortier
schloß mit den Schweden am 18. April einen Waffenstillstand. Die franzö-
sischen Truppen bezogen 'Kantonierungen' zwischen Stettin und Pasewalk,
die Nassauer standen in Rostock und Treptow.

Die nassauischen Verluste waren mit einem Toten und zwei Verwundeten
in den Gefechten vom 16. und 17. April gering. Nach offizieller Verlaut-
barung "haben sich die nassauischen Soldaten an diesen Tagen das Ver-
trauen ihrer Vorgesetzten und die volle Zufriedenheit des Reichs-
marschalls und General en Chef Mortier erworben".

Nach dem Rückzug der preußischen Armee gegen die Weichsel und der
Kapitulation von Stettin war in der preußischen Provinz Pommern ledig-
lich die Festung Colberg nicht in französische Hand gelangt. Colberg,
ca. 2 km vor der Mündung der Persante in die Ostsee an deren rechten
Ufer gelegen, war wegen seiner Entfernung zur feindlichen Operations-
linie so lange ohne wesentlichen Einfluß auf den Kriegsverlauf, solange
nicht die Engländer mit einer Truppenlandung in die Kampfhandlungen
eingreifen würden.

1807 war der Zustand der Festung - sie besaß nur einen bastionierten
Hauptwall und einige wenige detachierte Forts - betreffs der Werke
wie ihrer Armierung höchstens "leidlich" zu nennen. Eine erste Auffor-
derung zur Übergabe während des Vorrückens der Franzosen an die
Weichsel war im März zurückgewiesen worden. In der zweiten April-
hälfte begann Mortier mit der nachdrücklichen Einschließung und Bela-
gerung. Zu dieser Zeit hatte der Major Gneisenau als Festungskomman-
dant die Leitung der Verteidigung übernommen. Es würde den Rahmen
dieser Arbeit sprengen, wollte man die Verteidigung Colbergs - einen
Glanzpunkt im für Preußen so unglücklichen Kriege von 1806/07 - hier
detailliert schildern.

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